Berliner Räumung! Die Lösung aller Probleme??
Will der Vermieter seinen zahlungsunwilligen Mieter loswerden und hat er ein rechtskräftiges Räumungsurteil erstritten, kann er einen Gerichtsvollzieher damit beauftragen, die Wohnung räumen zu lassen.
Da die wenigsten Mieter vor der Räumung freiwillig ausziehen, bleibt dem Vermieter nichts anderes übrig, als dem Gerichtsvollzieher einen beachtlichen Vorschuss für das Abtransportieren des Inventars durch eine Spedition und dessen Einlagerung zukommen zu lassen. Auch Gegenstände, die nach objektiven Maßstäben keinen oder kaum einen wirtschaftlichen Wert haben, müssen nach der Räumung verwahrt werden. Teuer und ärgerlich!!!!!!!!!
Die Berliner Räumung stellt eine preiswertere Variante dieser Standard-Räumung dar.
Der Vollstreckungsauftrag kann hier darauf beschränkt werden, dass der Gerichtsvollzieher den Schuldner / Mieter „aus dem Besitz setzt“ und den Gläubiger / Vermieter „in den Besitz einweist“.
Zusammengefasst: Der Gerichtsvollzieher lässt die Möbel in der Wohnung, tauscht das Schloss und übergibt die Schlüssel!!!
An den Sachen des Mieters macht der Vermieter sein Vermieterpfandrecht geltend. Ein solches besteht nach § 562 BGB an allen Gegenständen, die sich in der Wohnung befinden und dem Mieter gehören. Hier greift zu Gunsten des Vermieters eine Eigentumsvermutung.
Soweit – so gut!
Nun sitzt der Vermieter da - mit der gesamten Wohnungseinrichtung! Und jetzt?
In diesem Fall hat der Vermieter Glück, wenn sein Mieter ein Messie ist!
Das Inventar muss zwar verwahrt werden – aber: Müll darf der Vermieter entsorgen!!!!
Unpfändbare Gegenstände, also persönliche Dinge wie Kleidung, Dokumente etc., sind sorgfältig aufzubewahren und auf Verlangen des Mieters jederzeit herauszugeben - und zwar unbeschädigt, sonst droht Schadensersatz. Hier muss der Vermieter jedoch keine schlaflosen Nächte aus der Angst haben, dass das vorhandene Inventar Schaden nehmen könnte. Bei der Verwahrung und Vernichtung der Sachen hat er nur Vorsatz und grobe Fahrlässigkeit zu vertraten.
Pfändbare Gegenstände dürfen nach einer Wartefrist von einem Monat verwertet werden. Das bedeutet, nach den allg. Vorschriften der Pfandversteigerung sind diese Sachen einem öffentlich bestellten Auktionator zu übergeben. Die Kosten für die Verwahrung, Vernichtung und Verwertung sind Kosten der Zwangsvollstreckung, sie können festgesetzt und tituliert werden.
Die Androhung der Zwangsversteigerung ist nicht erforderlich.
Na also! Dann ist es doch die perfekte Lösung?!?
Nicht ganz. In der Praxis wirft die Berliner Räumung eine Vielzahl von Problemen auf.
1. Das Inventarverzeichnis
Wenn der Gerichtsvollzieher den Vermieter „in den Besitz“ der Wohnung setzt, muss festgehalten werden, was dort vorgefunden wird. Der Gerichtsvollzieher ist gehalten ein Inventarverzeichnis anzufertigen und dies notfalls auch durch Fotos zu dokumentieren. Dieses soll einen zuverlässigen Überblick über den Bestand bei Räumung geben. „Frei ersichtliche“ Sachen sind dabei ins Protokoll aufzunehmen.
Aber was ist mit Omas Schmuck der unter der Schublade im Kleiderschrank versteckt ist? Oder den 5.000,00 € in der Zuckerdose?
Da der Gerichtsvollzieher die Wohnung nicht durchsuchen muss, besteht die begründete Gefahr, dass diese Dinge übersehen werden!
Der Streit ist vorprogrammiert!
2. Umfang der Protokollierung
Der Gerichtsvollzieher wird der Protokollierungspflicht nicht immer alleine nachkommen können. Er wird u.U. Hilfskräfte hinzuziehen müssen, was wiederum eine erhebliche Erhöhung der vorzuschießenden Kosten bewirkt.
3. Entsorgung von Müll
Ein Segen und ein Fluch! Der Vermieter darf Gegenstände „ an denen der Mieter offensichtlich kein Interesse mehr“ hat, entsorgen. Aber wo ist die Grenze? Wenn der Mieter im Vorfeld der Räumung sein Interesse bekundet hat, darf natürlich nicht entsorgt werden. Dies gilt auch, wenn es sich nach allgemeinen Maßstäben um völlig minderwertige und kaputte Dinge handelt.
Wenn sich der Mieter nicht äußert, muss darauf abgestellt werden, ob sich ein Außensehender noch irgendeine Art der Verwendung oder Verwertung vorstellen kann. „Irgendeine“ Verwendungsmöglichkeit ist fast immer konstruierbar. Dies kann auch hier dazu führen, dass wertlose und nutzlose Gegenstände kostenaufwendig verwahrt werden müssen.
Festzuhalten ist danach, dass die Berliner Räumung immer dann eine wirkliche kostengünstigere Alternative ist, wenn der Vermieter sicher ist, dass in der Wohnung nur noch Müll lagert oder der Mieter der Entsorgung zustimmen wird. Ansonsten kann der Vermieter zwar einen Teil der Räumungskosten sparen, setzt sich aber einem erheblichen Haftungsrisiko aus.
Um dieses Haftungsrisiko zu begrenzen oder auszuschließen, wäre es denkbar, künftig in die Mietverträge „Haftungsbegrenzungsklauseln“ oder spezielle „Räumungsvereinbarungen“ aufzunehmen.